Nachrichtenüberblick - März 2018

 

Meldungen, die teilweise an Heuchelei, Menschenverachtung und finsterer Absurdität kaum zu überbieten sind – und dennoch genau in das Bild der aktuellen politischen Entwicklungen passen: Unsere Zusammenfassung der Geschehnisse innerhalb und rund um die EU-Außengrenzen im März.

I. Mittelmeer

Die traurigste Nachricht zuerst: Die Zahl der 2018 auf dem Mittelmeer gestorbenen Geflüchteten ist im März auf 498 angestiegen[1]. Im vergangenen Monat stachen dabei zwei Schiffsunglücke besonders heraus: Eines am 03. März, als 21 Menschen auf dem Weg von Libyen nach Europa ertranken[2], das zweite am 17. März vor der griechischen Insel Agathonisi. Dort kamen, auch aufgrund der Untätigkeit der griechischen Küstenwache, 16 Menschen, darunter vier Kinder, ums Leben[3].                                                                                                                                

Hauptauslöser solcher Tragödien sind die menschenunwürdigen Bedingungen in den libyschen Auffanglagern bzw. Gefängnissen. Diese wurden am 13. März bei dem Tod eines völlig ausgehungerten Geflüchteten aus Libyen kurz nach seiner Ankunft in Italien erneut auf schockierende Weise deutlich[4].

Am 15. März wurden dann Aussagen aus einem UN-Bericht laut, nach denen es in Libyen zu Folterungen, gewaltsamen Erpressungen und anderen gravierenden Menschenrechtsverletzungen komme[5]. Verantwortlich für diese Taten sei die libysche Spezialeinheit SDF, die von der EU, u.a. auch von der Bundeswehr, finanziell, politisch sowie militärisch unterstützt wird.

Sowohl das Auswärtige Amt als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigten wenige Tage später dennoch eine weiterhin enge Zusammenarbeit mit der libyschen Einheitsregierung an[6].

Eine andere Form der Zusammenarbeit im Mittelmeer ist bereits realisiert: Das Mandat der Bundeswehr zur Beteiligung an der NATO-Operation „Sea Guardian“, die auch Kooperationen mit den Küstenwachen der Anrainerstaaten vorsieht, wurde am 22. März durch den Bundestag verlängert[7].

Die zivile Seenotrettung wird hingegen kontinuierlich eingeschränkt und kriminalisiert. Die spanische Hilfsorganisation Proactiva Open Arms wurde am 15. März bei der Rettung von 218 Geflüchteten von der sog. libyschen Küstenwache mit Waffen bedroht und ihr Schiff anschließend am 19. März von den italienischen Behörden, die erst über 30 Stunden lang die Anlegung in einen Hafen verhindert hatten, beschlagnahmt[8]. Die Besatzung wird der Bildung einer kriminellen Vereinigung beschuldigt.

Der humanitäre Korridor zur Evakuierung der Menschen in Libyen geriet diesen Monat ins Stocken[9].

II. Europa

Das zweijährige Jubiläum des Flüchtlingsdeals zwischen der EU und der Türkei am 20. März war ein trauriges: Auf den griechischen Inseln sitzen tausende Menschen unter katastrophalen Bedingungen fest[10]. Dessen ungeachtet sind weitere Milliardenzahlungen der EU an die Türkei in Planung[11].

Mit ihrem Einmarsch in Nordsyrien hat die Türkei nun selbst hunderttausende Menschen zur Flucht gezwungen. Am 22. März berichtete Human Rights Watch von Massenabschiebungen und brutalem Vorgehen gegen syrische Geflüchtete entlang der Grenze zur Türkei[12]. Nach Spiegel-Recherchen wird die Türkei bei dieser gewaltsamen Grenzsicherung sogar großzügig finanziell von der EU unterstützt[13].

Das innenpolitische Geschehen in den EU-Mitgliedsstaaten zeichnete im März ein ähnlich düsteres Bild. Bei der Parlamentswahl in Italien am 04. März, deren hitziger Wahlkampf vom Thema Migration geprägt war, zeichnete sich ein deutlicher Rechtsruck ab[14].

In Deutschland trat am 16. März das Gesetz zur weiteren Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte in Kraft[15]. Ab 01. Augst wird dieser dann nur noch für 1000 Menschen im Monat und besondere Härtefälle erlaubt. Der generelle Rechtsanspruch existiert zukünftig also nicht mehr.

Neben dem Einsatz im Mittelmeer verlängerte der Bundestag am 22. März auch die Bundeswehrmandate für die Einsätze im Sudan, Südsudan und Irak sowie in Afghanistan[16]. Die Sammelabschiebungen nach Afghanistan wurden derweil am 27. März fortgesetzt[17].

III. Weltweit

Die humanitären Krisen auf der ganzen Welt setzten sich ebenfalls weiter fort. So blieb etwa die Lage der geflüchteten Rohingya in Bangladesch oder der aus dem Kongo geflüchteten Hema in Uganda dramatisch. Der Krieg in Syrien jährte sich am 15. März zum siebten Mal. Im Irak wird seit diesem Monat seit 15 Jahren, im Jemen seit drei Jahren gekämpft.

Insofern ist es kaum überraschend, dass der am 07. März veröffentlichte UN-Jahresbericht zur Menschenrechtslage weltweit feststellt, dass in über 50 Ländern die Menschenrechte bedroht oder massiv missachtet werden[18] – kein guter Ausblick auf die nächsten Monate.

P.D.

 


[2] https://www.zdf.de/nachrichten/heute/von-libyen-nach-europa-fluechtlinge-im-meer-ertrunken-100.html

[3] http://www.spiegel.de/panorama/griechenland-ueberlebende-fluechtlinge-erheben-schwere-vorwuerfe-a-1199713.html

[4] http://www.1815.ch/news/ausland/news-ausland/fluechtling-stirbt-ausgehungert-nach-ankunft-in-italien/

[5] http://www.tagesschau.de/ausland/libyen-milizen-101.html

[7] http://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=507

[8] https://derstandard.at/2000076431633/Streit-um-private-Fluechtlingshelfer-kehrt-in-Italien-zurueck

[9] http://goobjoog.com/english/refugees-stuck-in-libyan-prisons-as-u-n-evacuation-plan-stalls/

[10] http://kclu.org/post/europe-does-not-see-us-human-stranded-refugees-struggle-greece#stream/0

[11]http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-03/eu-tuerkei-abkommen-fluechtlinge-millarden-unterstuetzung

[12] https://www.hrw.org/news/2018/03/22/turkey-mass-deportations-syrians

[13] http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-unterstuetzt-tuerkei-bei-der-aufruestung-ihrer-grenzen-a-1199535.html

[14] http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-03/italien-wahl-fuenf-sterne-bewegung-populisten-wahlentscheidung

[15] https://www.welt.de/newsticker/news1/article174603987/Familien-Gesetz-zur-verlaengerten-Aussetzung-des-Familiennachzugs-tritt-in-Kraft.html

[16] https://www.bmvg.de/de/aktuelles/bundestag-verlaengert-fuenf-mandate-23082

[17] https://www.welt.de/politik/deutschland/article174925445/Afghanistan-Abschiebeflug-mit-zehn-abgelehnten-Asylbewerbern-in-Kabul-gelandet.html

[18] https://www.tagesschau.de/ausland/un-menschenrechte-101.html